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Befähigungskonzept – Konzept zur Sensibilisierung und Befähigung zum Einsatz des Datenschutz-Cockpits

Das Befähigungskonzept als umfassender und methodisch fundierter Ansatz zielt im Projekt zum einen auf die Steigerung der Datenkompetenz und digitalen Souveränität der Nutzerinnen und Nutzer in digitalen Ökosystemen ab. Zum anderen sollen Nutzer und Nutzerinnen dazu befähigt werden, ein Datenschutzcockpit effektiv nutzen zu können – unabhängig von Vorwissen und persönlichen Interessen im Kontext Datenschutz und Privacy. Durch die sorgfältige Analyse der Stakeholder, die Entwicklung von Personas, sowie die Durchführung einer Nutzer-Studie konnten die Bedarfe ermittelt werden, welche in die Entwicklung innovativer Lehr-Lern-Formate eingeflossen sind.

Zunächst jedoch galt es, im Rahmen der Entwicklung des Befähigungskonzeptes, sich den Bedarfen der Zielgruppe (Stakeholder des Datenschutzcockpits) zu nähern.

Die Vorgehensweise wird nachfolgend anhand wesentlicher Teil-Schritte skizziert

Analyse der Stakeholder

Das Befähigungskonzept fokussiert auf Nutzerinnen und Nutzer von digitalen Ökosystemen. Dies sind zum einen all jene Nutzerinnen und Nutzer, die im berufliche Kontext in digitalen Ökosystemen unterwegs sind, zum anderen aber auch private Endnutzer. Neben diesen zentralen Rollen, die bei der Entwicklung des Befähigungskonzeptes in den Fokus gestellt werden, gibt es zahlreiche weitere Stakeholder im Kontext eines digitalen Ökosystems. Eine Stakeholderanalyse im Umfeld eines digitalen Ökosystems bezieht sich auf die Identifizierung und Analyse aller Parteien oder Akteure, die in das Ökosystem eingebunden sind und in irgendeiner Weise davon betroffen sind oder darauf Einfluss nehmen.

Eine Stakeholderanalyse kann dabei helfen, die Bedürfnisse und Erwartungen der verschiedenen Akteure und Betroffenen besser zu verstehen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um deren Interessen zu berücksichtigen. Dies kann dazu beitragen, das Vertrauen der Stakeholder zu gewinnen und langfristige Beziehungen aufzubauen.

Die Stakeholderanalyse wurde in folgenden Teil-Schritten umgesetzt:

  1. Identifikation der Stakeholder: Mit Hilfe der im D’accord-Projekt entwickelten Matrix wurden die Akteure bzw. Gruppen, die an einem digitalen Ökosystem beteiligt sind oder davon betroffen sein können, identifiziert und systematisch aufgegliedert.

  2. Analyse des Umfelds: Zusätzlich wurde das gesamte Umfeld eines digitalen Ökosystems analysiert, um gegebenenfalls weitere Stakeholder zu identifizieren, die außerhalb des Ökosystems stehen, aber dennoch einen Einfluss ausüben können. Dazu können zum Beispiel Regierungsbehörden, Datenschutzbeauftragte, Investoren und andere Interessengruppen gehören.

  3. Hintergründe und Interessen: In einem weiteren Schritt wurden die Interessen, bspw. private, gesellschaftliche, rechtliche, ethnische oder soziale Interessen, der verschiedenen Stakeholder betrachtet.

  4. Betrachtung der Zusammenhänge: Bei den identifizierten Stakeholdern wurde diskutiert, inwiefern sie von der Verarbeitung von (personenbezogenen) Daten im digitalen Ökosystem betroffen sind (z.B. Verbraucher oder Kunde) bzw. ob sie aktiv diese vornehmen (z.B. Dienstanbieter, Datenanalyst) oder indirekt beeinflussen (z.B. Datenschutzbeauftragter oder Kapitalgeber). Entsprechend wurden sie nach ihrem Zusammenhang mit dem digitalen Ökosystem aufgegliedert.

  5. Einstufung der Möglichkeiten zur Einflussnahme: Es wurde betrachtet, welche Art von Einfluss jeder Stakeholder ausüben kann. Potenzielle Möglichkeiten der Einflussnahme können zum Beispiel finanzieller, politischer, rechtlicher oder sozialer Art sein.

Zwiebelschalenmodell mit der Verortung der Stakeholder
Abbildung 1: Zwiebelschalenmodell mit der Verortung der Stakeholder

Basierend auf der Bedeutung der verschiedenen Stakeholdergruppen wurde zunächst eine Priorisierung vorgenommen, sodass sich die Arbeiten auf die Stakeholder, an die sich das Befähigungskonzept in erster Linie richten soll, fokussieren können. Diese Stakeholder sind mit absteigender Priorität:

Entwicklung von Personas

Personas haben sich nicht nur als hilfreiche Methode zur Benutzeranalyse etabliert, indem sie dabei helfen, relevante Nutzertypen griffig zu charakterisieren und sich in diese hineinzuversetzen, sondern bilden auch eine wichtige Grundlage für eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Kompetenzen, Fähigkeiten und Erwartungen von unterschiedlichen Benutzergruppen. Ziel von Personabeschreibungen ist es, Nutzergruppen konkreter und damit lebensnaher zu beschreiben als dies mit abstrakten Nutzerklassen (Benutzerklassen) möglich ist. Dazu sind diese möglichst präzise gefasst und beinhalten unter anderem Ziele, Fertigkeiten, Kenntnisse, Präferenzen und Verhaltensweisen typischer Nutzergruppen. Dementsprechend sind in Personabeschreibungen auch Details wie z. B. Name Geschlecht, Alter, Familienverhältnisse, Sprachkenntnisse, Ausbildung und Beruf, Fachkenntnisse, sowie Interessen und persönliche Einstellungen und Verhaltensweisen im Kontext Datenschutz enthalten.1

Die Entwicklung von und Arbeit mit Personas kann dabei helfen, besser zu verstehen, wie verschiedene Nutzergruppen Informationen aufnehmen und verstehen (Neues erlernen) und damit wesentlich dazu beitragen, gebrauchstaugliche Datenschutzfunktionen zu entwickeln, welche effektiv die digitale Souveränität und Datensouveränität der Nutzerinnen und Nutzer fördern sowie auch zu einer Steigerung der digitalen Kompetenzen dieser beitragen.2

Das Konzept der Privacy-Personas sowie die praktische Umsetzung im Projekt wird in einem separaten (Teil-)Kapitel beschrieben (HIER QUERVERWEIS EINFÜGEN).

Interview-Studie mit den zukünftigen Nutzern

Das Hauptziel dieser Studie war es, den aktuellen Status, die Anforderungen und die Bedürf-nisse der Nutzer genau zu erfassen. Hierzu wurden Experten-Interviews durchgeführt. Die Ergebnisse der Experten-Interviews dienten als Grundlage für das Mapping, um zu bestimmen, welche spezifischen Benutzergruppen von unserem Befähigungskonzept zentral adressiert werden müssen. Darüber hinaus ermöglichten sie uns, wertvolle Handlungsempfehlungen für die weitere Entwicklung abzuleiten.

Um einen bestmögliche Einblick in die Stakeholdergruppe der Cockpit-Nutzer zu erhalten und deren Fachwissen im Bereich Datenschutz kennenzulernen, wurde daher eine Studie mit den potenziell zukünftigen Nutzern des Datenschutz-Cockpits durchgeführt. Als adäquate Forschungsmethode wurde hierzu das Experten-Interview gewählt, da diese einen Zugang zu tiefgehendem Fachwissen ermöglichen.

In unserem Betrachtungsfall sind die Experten diejenigen Personen bei den Anwendungspartnern, die im weiteren Verlauf des Projekts die entwickelten Demonstratoren des Datenschutz-Cockpits erproben. Die strukturierten Gespräche mit dieser Zielgruppe dienten dazu, neben den bestehenden Anforderungen und Bedarfen einen vertieften und qualitativ hochwertigen Einblick in den Umgang mit personenbezogenen Daten sowie einen Überblick über die vorhandenen Kompetenzen, Qualifikationen und persönlichen Einstellungen in Bezug auf Datenschutz zu erhalten.

Diese Vorgehensweise ist besonders hilfreich, wenn es darum geht, komplexe oder nuancierte Fragen zu behandeln, die ein tieferes Verständnis erfordern. So konnte ein umfassenderes Verständnis für die Zielgruppe ausgebildet werden, auf dessen Basis das Befähigungskonzept mit den innovativen Lehr-Lern-Formaten entwickelt werden konnte.

Insgesamt haben neun Teilnehmende von potenziellen Anwendungs- und Erprobungspartnern an den Experten-Interviews teilgenommen. Grundlage der Interviews war ein strukturierter Interviewleitfaden, wobei die Fragen so formuliert waren, dass sie den Experten einen klaren Rahmen boten, gleichzeitig aber auch Raum für ausführliche und offene Antworten ließen.

Jedes Experten-Interview begann mit einem einleitenden Dialog, der den Hintergrund der Studie erläuterte und ihre Einordnung in das übergeordnete Forschungsprojekt D’accord skizzierte. Dies diente dazu, den Teilnehmern einen Überblick über den Kontext der Studie zu geben und ihre Zusammenarbeit zu fördern. Zusätzlich wurden zentrale Begriffe wie zum Beispiel “Datenschutz-Cockpit” und “digitales Ökosystem” ausgehend von unserem D’accord-Glossar ausführlich erläutert, um sicherzustellen, dass alle Beteiligten ein gemeinsames Verständnis dieser Konzepte hatten. Alle Interviews wurden dokumentiert und die Aussagen im Anschluss systematisch ausgewertet. Die Ergebnisse dieser Analyse bildeten die Grundlage für die Schlussfolgerungen und Empfehlungen, die aus der Studie abgeleitet wurden.

Nachfolgend werden die wesentlichen Inhalte des Leitfadens sowie die Antworten der Teilnehmenden sinngemäß zusammengefasst.

1. Relevanz von Sensibilisierungs- bzw. Weiterbildungsangeboten rund um das Thema Datenschutz bzw. Datensouveränität

2. Wichtige Kompetenzen, um in digitalen Ökosystemen bzw. einer digitalisierten Welt souverän, also selbstbestimmt und sicher agieren zu können

3. Besonders beachtenswerte Inhalte oder Themen, um in digitalen Ökosystemen bzw. einer digitalisierten Welt souverän, also selbstbestimmt und sicher, agieren zu können

4. Persönliche Auseinandersetzung mit den Themen Datenschutz bzw. Datensouveränität, um das eigene Wissen/ die eigenen Kompetenzen diesbezüglich zu steigern sowie Beobachtungen/ Erfahrungen, wie andere damit umgehen

5. Spezifische Anforderungen an Sensibilisierungs- bzw. Weiterbildungsangebote? Differenzierte Betrachtung ggf. spezieller Formate (z.B. Online- oder Präsenzschulung, externe Schulung, formelle Lerneinheiten, Lernbausteine im Arbeitsalltag, informeller Wissensaustausch, Regelmäßigkeit der Sensibilisierungs- und Weiterbildungsangebote)

6. Persönlich bevorzugte Formate und Inhalte

7. Bisherige Auseinandersetzung mit dem Thema Datensouveränität im Allgemeinen sowie Sensibilisierungs- bzw. Weiterbildungsangeboten im Speziellen

8. Einflussfaktoren, die dazu führen, die eigene Datensouveränität zwar ggf. zu überdenken, letztlich aber alles beim Alten zu belassen (Verhaltensänderung verhindern)

Die Ergebnisse der Erhebung zeichnen ein relativ einheitliches Bild. Nahezu alle Befragten sehen sich selbst eher als Amateure oder Laien im Bereich des Datenschutzes. Es wurde deutlich, dass nur begrenztes Fachwissen vorhanden ist und ein nur geringes Verständnis für die komplexen Zusammenhänge und die möglichen Konsequenzen ihres Handelns besteht.

Für die Entwicklung des Befähigungskonzepts und insbesondere dessen praktischer Umsetzung mit innovativen Lehr-Lern-Formaten waren einige Ergebnisse besonders relevant:

Ein interessanter Aspekt, der während der Interviews zutage trat, war, dass negative Ereignisse häufig als Auslöser für eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Thema Datenschutz fungieren. Dies verdeutlicht, dass Awareness und Bildung in diesem Bereich besonders durch praxisnahe Erlebnisse und Erfahrungen beeinflusst werden. Insgesamt ergibt sich aus diesen ersten Ergebnissen ein schlüssiges Bild, auf dessen Basis der Fokus bei der Entwicklung eines Befähigungskonzeptes eher auf die Personas gelegt werden kann, die einen unbedachten Umgang mit personenbezogenen Daten praktizieren und über wenig Fachwissen verfügen. Dennoch wurden in den folgenden Entwicklungsschritten auch die erfahrenen Nutzergruppen nicht vernachlässigt, sondern die Lehr-Lern-Formate derart konzipiert, dass die Inhalte je nach Vorwissen individuell angeschaut werden können. So sind die verschiedenen thematischen Bausteine des Lehr-Lern-Formats beispielsweise in Einführungs- und Vertiefungsmodule aufgebaut. Oder Inhalte, die für Anfänger zum Wissensaufbau dienen, können von Fortgeschrittenen als Nachschlagewerk verwendet werden.

Lehr-Lern-Formate

Konzept und Inhalt dieser innovativen Lehr-Lern-Formate, welche das wesentliche Element des Befähigungskonzeptes in diesem Projekt bilden, werden in einem separaten Teil-Kapitel vorgestellt (HIER QUERVERWEIS EINFÜGEN). Dabei zielen die Lehr-Lern-Formate darauf ab, die Nutzerinnen und Nutzer nicht nur im Umgang mit Datenschutzcockpits zu schulen, sondern auch ihre allgemeine Datenkompetenz zu fördern und ihre digitale Selbstbestimmung zu stärken.

Zusammenfassung

Basierend auf der oben beschriebenen Vorgehensweise teilen sich konkrete Vorgehen zur Umsetzung des Befähigungskonzeptes in zwei Maßnahmen auf, die sicherstellen, dass das Befähigungskonzept insgesamt einen relevanten Beitrag zur erfolgreichen Integration von Datenschutzcockpits in digitale Ökosysteme leisten kann. Zum einen wurde ein Online-Kurs zu Datenschutzthemen auf der Lern-und Aktionsplattform (LEA) entwickelt, der darauf abzielt, Unternehmen als auch Nutzerinnen und Nutzer im privaten Umfeld gegenüber dem Bewusstsein für Datenschutzthemen, digitale Souveränität und den Wert von Daten zu sensibilisieren. Zum anderen wurden kurze Informationsvideos (Tutorials) für die einzelnen Funktionen des Datenschutzcockpits erstellt, die an den entsprechenden Stellen in dem Cockpit eingebunden werden. Bei Bedarf können diese schnell und einfach abgerufen und die Nutzerinnen und Nutzer so befähigt werden, das Cockpit zu verwenden, auch wenn sich ihnen eine Funktion nicht unmittelbar erschließt.


Einführungskonzept Lehr- und Lernformate

  1. Vgl. Dehling, F., Ludborzs, S., Weßner, A. et al. Konzepte für gebrauchstaugliche Datenschutzfunktionen in digitalen Ökosystemen. Datenschutz Datensich 48, 95–102 (2024). 

  2. Vgl. Dehling, F., Ludborzs, S., Weßner, A. et al. Konzepte für gebrauchstaugliche Datenschutzfunktionen in digitalen Ökosystemen. Datenschutz Datensich 48, 95–102 (2024).